Der Giebichenstein ist ein gewaltiger Steinblock - der größte Findling Norddeutschlands - und liegt in der Krähe, ein großes Waldgebiet zwischen Erichshagen, Steimbke und Stöckse. Wie ist nun dieser Stein groß wie eine Scheune in die Krähe gekommen?
Als es in dieser Gegend noch Riesen gab, wohnte auch einer in Linsburg und sein Bruder am Hämelsee, gut drei Stunden von Linsburg entfernt. Der aus Linsburg stammende Riese, er soll hans Lohe geheißen haben, hatte seinen Bruder besucht und kam auf der Rückreise auch durch Wölpe. Hier wohnten schon Christen, die den alten Heiden unfreundlich aufnahmen und ihm noch nicht einmal einen Schluck Wasser reichen wollten. Zorning ging der Riese auf dem sandigen Weg über die Krähe weiter nach Linsburg. Wieder zuhause wollte er sich bei den Wölpern rächen. Er ging auf den höchsten Hügel im Grinderwald, nahm eine Schleuder, legte einen gewaltigen Granitblock hinein, schwemnkte ihn und rief:
"Flüg hoch, flüg siet,
flüg öwer den Stöckser Diek,
flüg an den Wölper Klocktorm!"
Bei diesen Worten sauste der Steinblock durch die Luft. Der Riese verfolgte den Wurf, um sich an dem Sturz des Wölper Kirchturmes, der ihm schon lange ein Greuel gewesen war, zu erfreuen. Doch der Wurf war zu schwach gewesen. Der Stein flog flog nicht bis nach Wölpe, sondern fiel schon in der "Krähe" nieder. Da liegt er noch heute.
Der Giebich ist ein ganz kleines Männchen. Er wohnt in einer
großen Höhle am Rande der "Krähe". Kein Mensch hat
sie bisher gesehen, der Eingang ist so versteckt, dass man ihn nicht finden
würde, elbst wenn man davor
stände. Dazu besitzt Giebich geheime Kräfte, die ihm Gewalt über
die Menschen verleihen.
Früher half er den Menschen bei allen Arbeiten und half jedem in Not, auch
wenn man ihn nicht besonders darum gebeten hatte. Insbesondere beschütze
er die Menschen vor den bösen Riesen, die stets danach trachteten, dem
Menschenvolk zu schaden, so auch gegen Hans Lohe. Der Riese war zwar einfältig
und gutmütig, und seine Nachbarn hatten nur selten Grund, sich über
ihn zu beklagen, aber im Zorn wütete der plump und roh, und alles was ihm
dann in den Weg kam, schlug er in den Boden. Da hatte Giebich oft schweres Tun.
Aber schlug Hans Lohe mit noch so großen und gewaltigen Eichen, die er
wie Grasbüschel ausriß, um sich, Giebich zwang sie ihm mit unwiderstehlihcer
Gewalt aus der hand, dass sie auf den Boden fielen und dort fest und unverrückbar
lagen.
Auch als Hans Lohe mit einem gewaltigen Granitstein den Wölper Kirchturm
zerschmettern wollte, hatte Giebich seine Hand im Spiel. Er war es, der den
Stein in der "Krähe" zu Boden zwang. Dort liegt der Stein noch
heute, man nennt ihn, nach dem gütigen Giebich: Giebichenstein.
Die Menschen glauben, dass Giebich mit seiner Familie immer noch unter dem Giebichenstein
lebt. Eine andere Familie aus seiner Sippe haust übrigens in der Alpheide
in Nienburg und eine dritte in Linsburg. Diese Zwerge sind in der Nähe
der Menschen geblieben, während die Riesen die Gegenden verlassen haben,
in denen sie überall auf Kirchtürme trafen. Die Türme erschienen
den Riesen wie bedrohliche Zeigefinger Gottes, die gegen sie gerichtet waren.
Die Zwerge aber waren und sind die Freunde der Menschen, aber sie helfen ihnen
nicht mehr. Sie schlagen die Menschen mit Blindheit, so dass sie alles sehen
und erkennen können - nur die Zwerge und deren Wohnungen nicht.
Als die Grafen von Wölpe längst ausgestorben waren und
die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg über dieses Land herrschten,
geschah es eines Tages, dass Herzog Erich, der auf der Wölper Burg residierte,
eine Kutschfahrt
durch sein Land unternehmen wollte. Doch bevor die beiden heißblütigen
hengste eingespannt waren, rissen sie sich los und liefen laut wiehernd davon.
Im wilden Galopp stürmten sie durch das Dorf Wölpe und bogen in dem
nach Nienburg zu gelegenen Teil der Ortschaft in einen Querweg ein. Hier, auf
der Langen Straße (heute Schmiedestraße), warf sich ein mutiger
Bursche den wilden Pferden entgegen und brachte sie unter Aufbietung aller seiner
Kräfte zum Stehen. An dem prächtigen geschirr erkannte er, dass es
die pferde des Herzogs waren. So brachte er sie seinem herzöglichen Herrn
wieder zurück.
Über die mutige Tat des jungen Burschen freute sich der Herzog sehr und
beschenkte ihn reichlich. Darüber hinaus erlaubte Erich den Bewohnern westlichen
Ortsteiles, in dem der Bursche zu Hause war, ihre Siedlung nach seinem Namen
zu nennen, eben "Erichs-Hagen".Er befreite die Bewohner von Diensten
und Lasten und wies ihnen Grundstücke zu, auf denen bald neue Bauernstellen
entstanden.
So nahm Erichshagen durch Erichs Hilfe schnell an Größe zu. Als dann
die Zahl der Baurnstellen und der Einwohner sich mehrte, wurden ihnen vom Herzog
auch noch Flächen im Bruch, im Moor und im Wlad zur gemeinschaftlichen
Nutzung gegeben.
Die Fürsorge des Landesherren für den Ort, der seinen namen trug,
ging aber noch weiter, er erteilte dem Dorf die Fleckensrechte und zeichnete
es damit vor allen anderen Ortschaften der ehemaligen Grafschaft Wölpe
aus.
Literaturhinweis: Hermann Ziegler: Der Gewekenstein. Sagen und Geschichten aus dem Landkreis Nienburg/Weser, Nienburg 1983